Leben geben - Lebendorganspende

Shownotes

Herzlich willkommen zur siebten Folge des Podcasts „Sag mal …: Über Organspende reden“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Bei der Lebendorganspende stellen gesunde Menschen eine ihrer Nieren oder einen Teil ihrer Leber für eine Transplantation zur Verfügung. Sie stimmen einem operativer Eingriff zu, um Familienmitgliedern oder nahestehenden Angehörigen ein längeres Leben zu schenken.

Wie fühlt sich das für jemanden an, der dringend auf ein neues Organ angewiesen ist? Diese Frage stellen Alina und Greta gemeinsam mit Moderatorin Elena Bavandpoori an Viktoriia und Lukas. Beide haben eine Nierenspende von ihren Vätern erhalten haben und berichten in dieser Folge des Podcasts von ihren persönlichen Erfahrungen.

Darum geht es:

  • 00:00 – 01:43 Intro
  • 01:44 – 02.03 Victoriia – Wie war das eigentlich? Wann und warum musste ihr eine Niere transplantiert werden?
  • 02:04 – 02:37 Lukas – Wie sein Vater ihm eine Niere spendete und er nun doch wieder zu der Dialyse muss
  • 02:38 – 08:35 Lebendorganspende – Wie kam es dazu?
  • 02:58 – 04:22 Das Gespräch über die Spende in der Familie: Victoriia
  • 04:23 – 05:33 Das Gespräch über die Spende in der Familie: Lukas
  • 05:34 – 08:34 Weiterer Austausch über Organspende in der Familie
  • 08:35 – 13:33 Ein fremdes Organ – Wie fühlt sich das an?
  • 13:34 – 18:28 Lukas wartet wieder auf ein Organ
  • 18:29 – 19:43 Outro

Fachredaktion: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Konzeption, Redaktion und Produktion: neues handeln AG, Jugendkulturhaus Cultra des Arbeiter-Samariter-Bundes Moderation: Elena Bavandpoori Musik: Nice Day von 4oresight Grafik: neues handeln AG

Links

Transkript anzeigen

BZgA – Podcast | Leben geben

Elena Bavandpoori: Das ist „Sag mal ...: Über Organspende reden“, der Podcast der BZgA. Hier sprechen junge Menschen über Organspende. Viktoriia, die schon früh in ihrem Leben eine Organspende erhalten hat, und Lukas, der auf ein Organ warten muss. Außerdem mit dabei sind Expertinnen und Experten, die aus der Wissenschaft, aus dem Klinikalltag oder aus religiöser Sicht mit uns über Organspende reden.

Elena Bavandpoori: Leben geben. Lebendorganspende. Das ist, worüber wir in dieser Folge sprechen werden. Und wir fragen Personen, die ein Organ von einem Angehörigen bekommen haben. Mein Name ist Elena Bavandpoori. Ich moderiere durch den Podcast und mit mir sitzen Greta, 18, Abiturientin - hi, Greta…

Greta: Hi!

Elena Bavandpoori: …und Alina, 15, Schülerpraktikantin hier im Passwort Cultra…

Alina: Hallo.

Elena Bavandpoori: …und wir sind schon ganz gespannt und haben ganz viele Fragen an unsere zwei Gäst:innen. Ich heiße willkommen Viktoriia, 18, Schülerin.

Viktoriia: Hallo!

Elena Bavandpoori: Viktoriia hat eine Niere von ihrem Vater gespendet bekommen und wir sprechen mit Lukas, 36, Artdirector.

Lukas: Hi.

Elena Bavandpoori: Er hat auch eine Niere gespendet bekommen. Das ist aber schon eine Weile her. Ich würde euch gerne bitten - vielleicht erst einmal Viktoriia - kurz noch mal zu wiederholen, wie und wann die Transplantation stattgefunden hat.

Viktoriia: Ja, genau. Also fast vor sieben Jahren, bin ich transplantiert worden. Ich habe eine Niere von meinem Vater transplantiert bekommen. Davor war ich auch bei der Peritonealdialyse, also sozusagen Blutwäsche.

Elena Bavandpoori: Und Lukas?

Lukas: Ich habe meine Niere mit 16 bekommen, von meinem Vater. Das ist jetzt 20 Jahre her. Und die Niere hat 15 Jahre gehalten.

Elena Bavandpoori: Und dann?

Lukas: Und jetzt bin ich wieder Dialysepatient. Das heißt, ich bin wieder an der Blutwäsche. Das heißt, ich muss dreimal die Woche da hin und 4:20 Stunden wird mir da das Blut gewaschen, was normalerweise meine Niere machen würde und dementsprechend übernommen wird von der Dialyse.

Elena Bavandpoori: Wir sprechen jetzt in dieser Folge speziell darüber, wie das ist, diese Lebendorganspende bekommen zu haben und was das alles so beinhaltet. Zunächst mal: Ihr habt beide die Niere von eurem Vater bekommen. Wie war das Gespräch „Ich spende dir eine Niere“?

Viktoriia: Also es war eigentlich nicht so ein Gespräch mit meinem Vater. Als wir hierher nach Deutschland gekommen sind, extra um die Transplantation durchzuführen, waren meine beiden Eltern bereit, eine Niere zu spenden, also meine Mutter und mein Vater. Aber mein Vater hat sofort gesagt: Nein, ich spende.

Meine Mutter hat zugesagt: Okay, machen wir. Aber davor müssen wir Tests machen, welche mir am besten passt. Beide Nieren, also von meinem Vater und von meiner Mutter würden beide zu mir passen. Das Problem ist hier nur, dass ich, meine Eltern und mein Bruder verschiedene Blutgruppen haben und deswegen musste eine Antikörper-Therapie durchgeführt werden. Also mein Immunsystem wurde abgeschwächt, damit danach mein Körper meine Nieren nicht abstoßen kann.

Elena Bavandpoori: Da stand das quasi gar nicht zur Debatte, da war es einfach so: Dein Vater macht das und das ist für die ganze Familie komplett klar.

Viktoriia: Genau. Es gab kein Gespräch, da ich auch klein war.

Elena Bavandpoori: Du warst elf zu dem Zeitpunkt.

Viktoriia: Ich war elf, also ich wusste nicht mal genau, was das ist.

Elena Bavandpoori: Und Lukas?

Lukas: Ich kann mich auch an kein konkretes Gespräch erinnern. Es stand nie im Raum, dass irgendwie jemand nicht spendet. Wie gesagt, was auch nicht selbstverständlich ist. Meine Mutter und mein Vater hatten sich beide angeboten, aber mein Vater ist es dann geworden. Auch aus dem Grund, weil meine Mutter zu der Zeit noch zwei kleine Kinder hatte, die mittlerweile ein bisschen älter sind. Und dadurch allein schon das Risiko, wenn jetzt wirklich etwas bei einer Transplantation passieren sollte und der Spender verstirbt aus irgendwelchen Gründen - bei großen Operationen kann das immer der Fall sein - würde an meinem Vater weniger hängen. Das ist hart gesagt, aber es ist eine Entscheidung, die getroffen werden muss. Und in dem Fall gab es jetzt auch kein klassisches Gespräch. Ich bin halt krank geworden. Das war schon relativ früh, also mit circa acht Jahren wurde das festgestellt. Dann haben die schon gesagt, mit 15, 16, 17 würde ich die Niere verlieren. So war es dann auch tatsächlich. Und dann war schon relativ früh klar, dass meine Eltern - also einer der beiden - spendet.

Elena Bavandpoori: Ploppen euch Fragen in den Kopf? Alina, Greta?

Greta: Also meine Frage wäre auch gewesen, wie das dann dazu kam. Also, dass dann die Eltern natürlich direkt gesagt haben, sie spenden. Wie die das mitgeteilt hätten?

Lukas: Ja, also ich glaube, man muss sich in die Situation von den Eltern versetzen. Also man muss das Ganze mal umdrehen. Hätte ich jetzt ein Kind, wie würde ich damit umgehen? Also da würde ich mir auch nicht die Frage stellen.

Elena Bavandpoori: Ja, klar.

Lukas: Oder bei meinen kleinen Geschwistern, die sind wesentlich jünger als ich. Die sind jetzt 19 und 21. Wenn ich jetzt gesund wäre und ich wüsste, die bräuchten eine Niere, würde ich denen sofort eine Niere geben. Ich glaube, das ist eher keine Frage, die gestellt wird, sondern eher so: Wie geht das? Wie können wir das möglich machen, da wieder ein besseres Leben zu ermöglichen?

Viktoriia: Und so schnell wie möglich. Die Zeit geht auch weg. Und das muss man auch verstehen. Wie schon Lukas gesagt hat, man wartet auf eine Niere auch sehr lange. Und bei der Nierenspende muss man auch viele Therapien durchführen, um zu wissen, ob die passt oder nicht. Sehr viel Blut wird abgenommen, um zu testen, wird sie dir sicher passen oder nicht? Was hat dieser Spender und was hat der Empfänger und was auch nicht? Damit der Körper nach Jahren, nach Monaten, nach Tagen die Niere nicht abstoßen kann

Lukas: Genau. Es ist nämlich so: Der Körper reagiert auf Fremdorgane. Es ist so, als ob man irgendeinen Fremdkörper im Körper hat. Also man ist verletzt oder ganz blödes Beispiel, man wurde angeschossen und hat eine Kugel im Körper. Der Körper entledigt sich den Fremdkörpern und dadurch, dass die Gene nicht exakt übereinstimmen, bleibt es ein Fremdkörper. Und dadurch muss man halt dann sehr, sehr starke Medikation nehmen. Also Immunsuppressiva. Das sind Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken. Dadurch ist man auch immer anfälliger für Infekte, für weitere Erkrankungen. Die haben unglaublich viele Nebenwirkungen. Aber man nimmt das lieber in Kauf, diese Immunsuppressiva zu nehmen, als dauerhaft an der Dialyse zu hängen, weil man einfach ein wesentlich freieres Leben hat.

Viktoriia: Genau, da kann ich auch zustimmen. Lieber einfach Medikamente schlucken. Am Anfang waren es mehr als 30 pro Tag. Jetzt sind es viel weniger und man freut sich einfach morgens und abends einfach Medikamente bis zum Lebensende zu schlucken, als auf der Dialyse zu sitzen oder alle paar Tage nachzudenken: Wann bekomme ich eine Niere oder ein Spenderorgan? Egal, ob das Niere, Leber oder Herz ist.

Viktoriia: Elena Bavandpoori Also deine Spenderniere funktioniert, deine ist… Wie ist das mittlerweile? Entfernt und dann wieder in der Dialyse?

Lukas: Meine Spenderorgan ist noch drin, aber es wird Stück für Stück vom Körper abgebaut. Das schrumpft dann. Genauso, wie meine alten Nieren geschrumpft sind.

Elena Bavandpoori: Okay, ich frage mich… Also denkt ihr manchmal: Boah. Freaky, es ist ein anderes Organ in meinem Körper? Oder spürt ihr das vielleicht?

Viktoriia: Ja, also mir ist das schon klar. Also ich habe sofort nach der Transplantation gesagt: Das ist mein Organ. Damit es auch funktioniert. Ich habe mit meinem Körper gesprochen. Das klingt vielleicht verrückt, aber ich habe meine Niere als einziges Organ oder als Mensch wahrgenommen, damit er funktioniert und habe einfach gebetet: Funktionier bitte! Filter das Blut, gib das Urin. Bitte nur funktionieren. Ich will nicht wieder zurück! Aber ich habe auch danach meine Niere gespürt. Das klingt auch irgendwie verrückt, aber das ist unmöglich schön, dieses Gefühl, wenn die zittert da drin und dadurch, dass die vielleicht größer ist, da ich auch ein kleines Kind war. Die Niere war eigentlich sogar größer als ich sie eigentlich haben könnte.

Elena Bavandpoori: Weil sie von einem Erwachsenen war.

Viktoriia: Ja. Ich habe sie von meinem Vater bekommen. Deswegen habe ich die gefühlt. Aber bis jetzt, fühle ich die ab und zu auch, wie die ein wenig zittert und sich bewegt, wenn ich zum Beispiel aufs Klo muss oder zu viel getrunken habe. Aber dabei fühle ich auch ab und zu meine alten Nieren, die schon geschrumpft sind, klein sind. Die Ärzte sagen, dass es unmöglich ist und die nicht mehr funktionieren können. Aber wenn ich lange nicht auf die Toilette gegangen bin und viel getrunken habe, dann fühle ich wie dieses Kribbeln im Bauch.

Elena Bavandpoori: Alina, ich spreche dich jetzt einfach mal an. Was denkst Du, wenn Du so was gerade hörst?

Alina: Ich finde das sehr krass und ich finde es halt auch nicht verrückt, dass sie so was fühlt. Ich meine, ich kann es nicht verstehen, weil ich es nicht selbst habe. Aber ich glaube schon, dass man das dann spüren kann.

Elena Bavandpoori: Kannst Du das bestätigen, Lukas?

Lukas: Ich frage mich, ob ich da ein bisschen zu abgebrüht bin. Aber ich sehe das eher mechanisch. Es ist ein neues Organ, das ist auch nicht mein Organ, aber es ist halt. Es ermöglicht mir diese Freiheit. Und dieser Gedanke, ich habe jetzt was Fremdes im Körper, das hatte ich eigentlich nie. Ich glaube, es lag aber auch mit daran, dass von meinem Vater war. Ich weiß nicht, wie es ist, ein Spenderorgan zu bekommen, von einer toten Spende. Also von jemandem, der verstorben ist. Aber an der Stelle: Wie gesagt, ich habe das nie hinterfragt.

Viktoriia: Ich weiß es auch nicht, wie das ist, wenn man eine tote Spende bekommt. Ich hoffe, ich werde das niemals wissen. Also im guten Sinn, dass man nur so lange wie möglich durchhalten wird. Aber mir wird oft klar, dass mein Vater mir die Niere gespendet hat und jetzt eine Niere hat. Und ich muss die Welt schätzen. Also nicht wie Müll behandeln, einfach saufen, feiern gehen, ungesundes Essen essen und so weiter. Wie wenn man vielleicht ganz gesunde Nieren hat oder ein anderes Organ hat und weiß, dass das für immer gesund bleibt.

Elena Bavandpoori: Wie ist das dann? Also für mich klingt das so, als käme eine unglaubliche Verantwortlichkeit damit, wenn man weiß, wer einem die Niere gespendet hat. Gerade eine Person, die einem so nahesteht.

Lukas: Ja, absolut. Also ich meine dadurch, dass ich meinen Vater damit in Gefahr bringe, was vielleicht auch nicht ganz stimmt. Mein Vater hat sich ja selber dafür entschieden, diese Gefahr oder diese potenziellen Schwierigkeiten auf sich zu nehmen. Aber auf der anderen Seite geht es genau darum, das wertzuschätzen. Und das auch vielleicht immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass jemand sich selber in Gefahr gebracht hat. Und es aber auch selber für sich als Chance zu sehen, ein in Anführungszeichen „normales Leben“ zu führen. Einen Alltag zu haben. Das Spannende daran ist: Viele, gerade Jugendliche, wollen immer aus ihrem Alltag ausbrechen. Die meisten Dialysepatienten oder Nierenkranke, die ich gesprochen habe, die wollen einen Alltag. Und diese Chance eines Alltags ist allein deswegen schon zu wertschätzen.

Elena Bavandpoori: Habt ihr gerade Fragen?

Alina: Ich weiß jetzt nicht, ob es eine random Frage ist, aber ich wollte noch fragen: Wie habt ihr euch gefühlt, als ihr praktisch herausgefunden habt oder die Nachricht bekommen hat, dass ein Organ zur Verfügung steht?

Lukas: In dem Fall - dadurch, dass die Eltern gespendet haben - konnte man sich lange darauf vorbereiten. Also ich wusste ein Jahr vorher, mein Vater lässt sich testen. Er muss dann noch mal zur Ethikkommission gehen, wo die auch nochmal klären, dass da nicht irgendwas ist. Also es gibt eine Ethikkommission, die muss das auch noch mal durchwinken, damit jetzt keine Abhängigkeiten entstehen oder sowas. Oder dass jemand gezwungen wird oder sonst irgendwas. Da kann man sich ja sonst was ausmalen. Dadurch konnte ich mich lange darauf vorbereiten. Wenn man an der Dialyse ist, dann kann es jederzeit sein. Also innerhalb von diesen zehn Jahren, wo ich jetzt an der Dialyse bin, kann jede Minute das Handy klingeln und sagen: Wir haben ein Organ für Sie. Es ist relativ unwahrscheinlich, dass man so früh eins bekommt, aber es kann passieren. Ich habe es bisher noch nicht erlebt, aber ich glaube schon, dass es auch einfach geistig anspruchsvoll sein kann. Dass man dann in dem Moment entscheiden muss, ich nehme jetzt eine Niere oder nicht. Man hat dann irgendwie so ein Zeitfenster von - ich glaube - sechs, sieben, acht Stunden. Ich weiß es nicht genau. Und dann zu sagen: Okay, ich nehme jetzt das Organ von jemand Verstorbenem oder ich bleibe bei meinem Alltag, der in der Dialyse ist, bleibe quasi in dieser Sicherheit, weil jede Transplantation mit Risiken verbunden ist. Und das irgendwie für sich selber klar zu bekommen, ist nicht ohne.

Elena Bavandpoori: Ich würde dich gern dazu was fragen. Das kann auch rausgeschnitten werden, wenn es zu weit geht. Du hattest am Anfang gesagt, sowohl deine Mutter als auch dein Vater kamen in Frage. Dein Vater hat dann gespendet. Warum kommt jetzt deine Mutter nicht in Frage?

Lukas: Das ist eine sehr, sehr gute Frage. Das Problem ist, wenn man lange ein Organ hat, dann baut der Körper Resistenzen auf. Also das Immunsystem reagiert dann sehr, sehr stark. Soll heißen, es wird immer schwieriger, ein neues Organ zu bekommen. Desto häufiger man Organe hat, desto schwieriger wird es. Es haben sich testen lassen: meine Mutter, mein großer Bruder, mein bester Freund und die dürfen alle nicht spenden. Das ist natürlich auch hart. Besonders wenn man Menschen hat, die einen lieben und die einem was Gutes tun wollen und dann nichts Gutes tun können, weil das halt einfach nicht möglich ist. Und dementsprechend geht das leider nicht.

Elena Bavandpoori: Was für Konsequenzen hätte es für Spender und Spenderinnen, sagen wir jetzt mal, eine Niere zu spenden?

Lukas: Man kann an sich sehr gut mit einer Niere leben. Der Körper oder die Natur hat das quasi als Sicherheit so eingerichtet, dass man zwei Nieren hat, weil die Niere auch mit das komplexeste Organ ist und natürlich am meisten schiefgehen kann. Die Konsequenz ist, dass falls man mal Schwierigkeiten bekommt, der Spender halt kein zweites Organ hat, um auszuweichen. Also die Wahrscheinlichkeit ist nicht höher, dass man Probleme bekommt. Aber wenn man Probleme bekommt, dann ist die Wahrscheinlichkeit viel höher, dass man dann wirklich selber erkrankt als Spender.

Elena Bavandpoori: Eine Sache, die ich auch noch dazu gerne wissen würde: Wir hatten in einer Folge gelernt, dass man eigentlich immer erreichbar sein muss. Wenn man angerufen wird und den Anruf verpasst, indem einem potenziell gesagt wird, wir haben eine Niere für dich, dann hast du das Organ nicht bekommen.

Lukas: Genau und die probieren dich dann innerhalb von - keine Ahnung - drei Stunden ein paar Mal anzurufen. Was ich auch schon gehört habe, dass die notfalls die Polizei bei jemandem zu Hause vorbei geschickt haben und der dann tatsächlich auch das Organ bekommen hat. Die haben den nicht erreicht und dann – irgendwie. Aber das Organ muss ja zum Menschen.

Elena Bavandpoori: Aber dann steht es auch fest?

Lukas: Dann kannst du dich entscheiden. Es gibt ja auch Faktoren. Wenn du zum Beispiel weißt, die Person ist alt und dann kannst du sagen: Ich weiß nicht, ob ich das möchte, weil ich mir das zu gefährlich ist. Aber prinzipiell, wenn die dich anrufen und dich innerhalb von dieser gewissen Zeit erreichen, dann kannst du immer noch sagen ja oder nein. Wenn du aber in einer gewissen Zeit nicht zu erreicht bist und die dich überhaupt nicht gegriffen bekommen, dann geht es an den nächsten. Deswegen ist es auch immer seltsam, wenn man sein Handy nicht gerade griffbereit hat. Es ist dieses dauerhafte Versprechen: Irgendwann kommt dein Organ.

Elena Bavandpoori: Und das ist auch dauerhafter Stress.

Lukas: Das ist auch dauerhafter Stress und da muss man halt lernen mitumzugehen.

Elena Bavandpoori: Gut, ich halte an dieser Stelle fest, es ist ein ziemlich sensibler Umgang, zu dem man irgendwie gezwungen wird. Es ist eine super hohe Verantwortlichkeit, die einhergeht mit einer Spende. Und das ist gar nicht so einfach, gerade wenn man schon eine Spende bekommen hat, dann noch mal ein Organ zu bekommen. Ich danke euch dafür, dass ihr so ehrlich und so intim mit uns gesprochen habt. Ich bin mir sicher, dass das gar nicht so leicht ist. Ich danke Lukas und Viktoriia und danke auch für eure Fragen, Greta und Alina.

Das war „Sag mal ...: Über Organspende reden“. Der Podcast, bei dem junge Menschen über Organspende sprechen. Eine Reihe der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Kooperation mit dem Jugendkulturhaus Cultra des Arbeiter-Samariter-Bundes. Weitere Infos zum Thema findet ihr auf der Internetseite der BZgA unter organspende-info.de oder Ihr stellt Eure Fragen am Info-Telefon unter der kostenfreien Telefonnummer 0890 / 40 400.

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.